Gute Geschichten können mehrdeutig sein: so vertrackt, dass es beim Zuschauen oder Zuhören in unseren Gehirnwindungen knackt oder so flirrend, dass wir verzaubert unseren Assoziationen nachsinnen. Für einige sind Geschichten dieser Art unglaublich interessant. Für viele jedoch ein Rätsel, das sie abschreckt und überfordert.
Deshalb vermittele ich in meinen Workshops Werkzeuge, die einem breiten Publikum erleichtern, die einzelnen Puzzleteile in Ausstellungen sinnvoll zusammenzufügen. Zu verstehen, was sie sehen.
Und nein, leicht nachvollziehbare und möglichst eindeutige Erzählungen müssen nicht bedeuten, das Publikum zu bevormunden. Anderen Menschen vorzuschreiben, was sie denken sollen.
Es bedeutet anzuerkennen, dass Ausstellungen ein verdammt anspruchsvolles Medium sind.
Kino: Kasse – Popcorn – Vorhang auf.
Museum: Kasse – äh, wo beginnt die Ausstellung? – ach, es gibt einen Audioguide – puh, der Text ist aber lang, muss ich den lesen und zu welchem Objekt gehört der eigentlich?
Es bedeutet zu respektieren, dass für viele Menschen ein gelungenes Kulturangebot eines ist, dessen Inhalt bzw. Handlung sie leicht nachvollziehen können. Thomas Renz ist zu dieser Erkenntnis in seiner Studie zu Gelegenheitsbesucher:innen von Theateraufführungen gelangt. „Die Notwendigkeit der eigenen Interpretationsleistung wird als negativer Zwang empfunden“, schreibt er. Nachvollziehbare Gründe sind dort nachzulesen.
Es bedeutet, fröhlich dazu zu stehen, dass auch viele von uns (Kurator:innen, Museumsdirektor:innen, Kulturpolitker:innen usw.) gerne und häufig unterhaltsame Medien konsumieren: Netflix, True Crime, Harry Potter – you name it. Das breite Publikum? Das sind wir.
Renz, Thomas (2016) Nicht-Besucherforschung: die Förderung kultureller Teilhabe durch Audience Development. Bielefeld: transcript.