Spannung – mild und wild

Dramatische Spannung, typisch für Hollywoodfilme, ist gut erforscht. Held oder Heldin streben auf ein Ziel zu; sie erreichen es, hoffen wir, sie erreichen es nicht, fürchten wir. Der Wunsch, die Antwort auf die zentrale Frage zu erfahren, kann uns schier von den Sitzen reißen.

Die andere, weniger intensive Form von Spannung, ist schwieriger zu fassen. Eben weil sie schwächer, vager ist. Weil sie sich in Texten und Filmen verbirgt, die vielgestaltiger sind als die schematisch strukturierten Hollywoodfilme, und weil sie viele Namen trägt.

Sie ist aber genauso wichtig und wirkungsvoll wie die dramatische Spannung, das hat mich meine Forschung gelehrt. Deshalb habe ich ihr, um sie ins Scheinwerferlicht zu holen, einen eigenen Namen gegeben und sie „milde Spannung“ getauft. Dramatische Spannung nenne ich „wilde Spannung“.

Milde Spannung spielt auch in Hollywoodfilmen eine wichtige Rolle. Für Ausstellungen ist sie jedoch besonders wichtig, weil wilde Spannung in ihnen nur bis zu einem gewissen Grad erzeugt werden kann. Wenn ich gewaltige Musik einsetze oder ein Lichtgewitter, kann die Wirkung intensiv, eben dramatisch sein, ohne Frage.

Doch allein mit erzählerischen Mitteln ist es schwierig, die Besucher:innen vollkommen in das Geschehen eintauchen zu lassen, ihre Aufmerksamkeit durchgängig zu fesseln. Immer wieder werden sie aus der Welt der Geschichten herauskatapultiert, denn Ausstellungen sind fragmentarisch, statisch, widerständig.

Gerade deshalb sind Spannungstechniken so wertvoll. Dramatische Werkzeuge wie die „Held:innenreise“, deren Wirkung in einer Ausstellung schwächer sein wird als in einem Hollywoodfilm. Die aber nichtsdestotrotz die Besucher:innen einlädt sich zu fragen: Wie wird es mit dieser Person weitergehen? Oder milde Techniken wie zum Beispiel kleine Fragen, die den Puls der Besucher:innen nicht nach oben treiben. Aber sie dennoch neugierig macht: Wie geht es weiter? Das möchte ich gerne wissen…